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20000 Volt im Kinderzimmer

Macht das bloß nicht nach!

Ja, Sie haben richtig gelesen, es herrschte mit 20000 Volt Hochspannung in meinem Kinderzimmer. Wie soll das denn gehen? Ist das nicht gefährlich?

Ingenieur als Vater

Wenn man einen Ingenieur zum Vater hat, dann geht natürlich auch das. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er uns gezeigt hat, wie man einen Schraubenzieher in die Steckdose stecken, und dann einfach an das Metall fassen kann. Vollkommen ungefährlich sei das, vorausgesetzt, man steht auf Linoleumboden, hat trockene Schuhe mit Gummisohlen an, und bitte nicht vergessen, denn das ist extrem wichtig, die andere Hand in der Hosentasche. Im schlimmsten Falle spüre man nun ein leichtes Kribbeln, das war’s.

Haben Sie schon mal an einen elektrischen Weidezaun gefasst? Nein? Schade, das sollten Sie mal tun, denn diese Stromschläge empfindet man schon als kleinen Bums dagegen. Das zuckt ordentlich! Warum sollte die Kuh sonst auch am Zaun stehenbleiben?

Da ist er wieder, einer der markantesten Sprüche meines Vaters: „Woran erkennt man einen guten Elektriker: Na daran, dass er immer die andere Hand in der Hosentasche hat!“ Hahaha!

Jetzt stellt sich die Frage, wie man einigermaßen gefahrlos zu solch hohen Spannungen kommen konnte, denn auch im Kinderzimmer war – bei allem Aktionismus – Sicherheit oberstes Prinzip.

Dachbodenfund Tesla-Transformator

Also, es gab einen Dachbodenfund im Haus in der Frankfurter Straße in Großrechtenbach. Onkel Herrmann war damals in den 30ern wohl weit fortgeschritten. Er hatte offensichtlich eine Art Tesla-Transformator gebastelt, mit Drähten als Kern, einer Primär- und einer gut isolierten Sekundärspule. Ich nehme an, dass er damit einen Löschfunkensender bauen wollte, der für Morsegeräte der Frühzeit, also um 1915, geeignet gewesen wäre. Die Titanic hatte ein solches Morsegerät für den Notfall. Oder er wollte einfach mit der Selbstinduktion experimentieren.

Spark gap transmitter diagram

Bauanleitung von Ernest Thomson Seton 1917/Public domain US/From WikiMedia Commons

Das Prinzip ist vereinfacht so zu erkären:

  • Stromversorgung mit Batterie
  • Unterbrecher (hier Zündkontakte des VW-Käfers), etwa 500 Hz im Primärkreis (wenige Wicklungen)
  • Transformator mit guten HF-Eigenschaften, mehr Wicklungen im Sekundärkreis, gutes Dielektrikum, die Abstände groß genug.
  • Bei der Anregung durch die Abschaltvorgänge, Selbstinduktion genannt, ergeben sich schon im Primärkreis, aber noch viel ausgeprägter im Sekundärkreis hohe Hochfrequenz-Spannungen. Um die geht es hier.

Beim eigentlichen Tesla-Transformator ist aber die Resonanzüberhöhung entscheidend, die dann auftritt, wenn die Resonanzfrequenzen beider Spulen gleich sind. Da können dann im Sekundärkreis echte Hochspannungen bis zum MEV-Bereich entstehen. Uns sollten hier aber 20000 Volt reichen.

Hochvolt-Kondensator

Also gesagt, getan. Es war ja alles vorhanden. Als Besonderheit habe ich noch unter Verwendung einer Hochvolt-Gleichrichter-Röhre aus einem alten Fernseher die Wechselspannung in Gleichspannung umgewandelt. Die Gleichrichter-Röhre benötigte noch eine Heizung der Glühkathode, was mit einer zusätzlichen Wicklung (dicke Isolierung, 10 Windungen auf einem kleinen 220 V Trafo) realisiert wurde.

Die Ladung sollte nun in einem selbstgebauten Hochvolt-Kondensator gespeichert werden, sozusagen einer modernen Variante der Leiden-Flasche. Der bestand aus Plastikfolie von Düngersäcken (schön gereinigt) und Alufolie. Der Speicher musste mit Überständen der Folie realisiert werden, um Überschläge zu verhindern. Ich meine, es wären ca. 20 Schichten gewesen. Bei der Aufladung wurde der Kondensator dicker, bei der Entladung mit Geräuschen dünner.

Und fertig war der Hochspannungsgenerator mit Speicherung der Ladung!

2 cm lange Funken waren möglich, was etwa 20000 V entspricht! Nicht schlecht für das Kinderzimmer! Es roch ganz schön nach Ozon!

Das nächste Experiment mit Hochspannung wird mit dem Bandgenerator erfolgen! Noch mehr als 20000 Volt im Kinderzimmer.

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