Gestern kam das Gespräch plötzlich auf dieses immerwährende Thema. Kein Wunder ist das, schauen Sie mich an. Ich sagte: „Ach da fällt mir Henning Scherf ein.“ Aber Hand aufs Herz, wir wohnen jetzt ja auch, und sind schon ganz schön alt. Also warum die plötzliche Beschäftigung mit der Frage? Wohnen im Alter findet doch schon statt!
Was schwebt uns denn da eigentlich vor? Wollen wir schon ins Altenheim umziehen? Oder erwägen wir den totalen Ortswechsel zum Sun City Center in Florida/USA, Anteil der weißen Bevölkerung 99%. High life für die privilegierten Oldies. Eine Stadt im Sonnenlicht, zugeschnitten auf die Bedürfnisse der Alten. Wie Leben auf dem Luxuskreuzfahrtschiff für immer! Mit Golf, Shopping, Entertainment, Pools, Freizeitclubs, Krankenhaus, Pflegeeinrichtungen….
Oder quält uns eigentlich nur die Unsicherheit, die Angst vor dem Alleinsein, vor den irgendwann kommenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen. Vielleicht fürchten wir uns gar vor der Demenz. Und eine neue Wohnung soll es jetzt richten. Hmmm…
Aber wie kann uns eine Wohnform helfen? Leben in einer Art Wohngemeinschaft als Erlösung für uns notorische Individualisten? Also ich habe große Zweifel, ob das praktikabel ist. Ich bin zwar Spätachtundsechziger, aber Training im dauerhaften Leben in der Gruppe habe ich wenig. Gut, ich kann auf eine Berufstätigkeit von mehr als 40 Jahren zurückblicken. Nach meiner Erfahrung gab es da aber viele Krisenzeiten, die bewältigt werden mussten. Also harmonisch oder freundlich war das nur zeitweise, meist war ich auf mich selbst gestellt. Willensstärke und Durchhaltevermögen waren gefragt.
Sie werden nach den Erfahrungen mit der eigenen Familie fragen. Meine Mutter wurde fast 92, sie hat bis auf wenige Wochen im eigenen Haus gewohnt, sogar in ihrem Geburtsort. In den letzten 2 Jahren wurde sie von einer Haushaltshilfe rund um die Uhr betreut. Ich fand das insgesamt ehrenvoll, glaube aber, dass sie wegen ihrer Kontaktfreudigkeit auch im Altenheim zurechtgekommen wäre. Mein Vater ist im Alter von 73 Jahren verstorben. Das Problem hat sich da erst gar nicht ergeben.
Die Erfahrungen in meinem früheren privaten Bereich führen mir drastisch vor Augen, dass Beton keine Beziehung sichert. Selbst wenn den Beteiligten alle Wünsche erfüllt werden, die Nachbarn einzeln gut bekannt sind, die Wohnverhältnisse optimal sind und Geld keine Rolle spielt. Es könnte alles super sein, aber…
OK, Christa und ich haben zwei Häuser, die 15 km auseinander liegen, keines hat einen „Pferdefuß“ wie missliebige Nachbarn. Aber erfordert das jetzt Maßnahmen? Beide verkaufen, um gemeinsam in eine Luxuswohnung zu ziehen? Ergibt das Sinn? Ich denke, wir sind einfach noch nicht so weit, und das nach 13 Jahren!
Beim Zusammenleben der Menschen geht es nach meiner Lebenserfahrung um andere Dinge als um Zementierung und Symbolik. Es geht eher um die Kontaktfähigkeit, die Freundlichkeit, die Bereitschaft zu Neuem, die innere Beweglichkeit, um Toleranz und Wertschätzung. Also um sehr menschliche Eigenschaften. Dominanz, Rivalität und Protz haben da nichts zu suchen, sie wären kontraproduktiv.
So jedenfalls ist der Stand heute. Der Text ist noch nicht fertig, und wird es wohl auch nicht werden. Ich freue mich auf Kommentare!