Bisher…
… war ich mit meinem Kettler Paramount-Trekkingrad immer zufrieden. Trotz der hohen Fahrleistung hat es immer noch die originale Biopace-Schaltung von Shimano mit 18 Gängen. Die vorderen Kettenräder sind die mit der berühmten Eierform. Also kein Rahmenbruch, keine Stürze, insgesamt eine gute Qualität. Sehr gute Haltbarkeit! Bei meiner sorgfältigen Pflege natürlich! Noch die erste Kette!
Überlegungen
Dennoch sollte 2016, da mein Renteneintritt in Sicht war, ein E-Bike her. Ich hatte mich lange informiert. Ein übliches E-Trekkingbike mit 29 Zoll-Rädern erschien mir zu massiv, auch nicht wirklich zu meiner Körpergröße passend. Ich habe lange hin und her überlegt und mich dann für ein optisch schickes Hardtail-MTB entschieden. Das sieht jedenfalls nicht auf den ersten Blick nach Opa aus. Und es bietet genügend Fahrspaß ohne die Kraftanstrengung, die im Bergischen Land sonst nötig ist.
MTB Hardtail
Beim E-Bike handelt es sich um ein preiswertes Hardtail-MTB von Fischer, das EM Proline 1614, Baujahr und Kauf in 2016. Es hat also relativ hohes Eigengewicht von 25 Kg inklusive Akku, Spritzschutz sowie Beleuchtung. Dieses Bike ist mit recht dicken Stollenreifen ausgestattet, die Größenangabe lautet 27,5 X 2,4″. Es besitzt eine 24-Gang-Schaltung. Ursprünglich war diese mit einem vorderen 3-fach-Kettenrad mit 48-38-28 Zähnen ausgerüstet.
Schaltung optimiert
Dieses habe ich umgehend gegen ein solches mit 42-32-22 Zähnen ausgetauscht, da es viel besser zu der Charakteristik des MTB passt. Das größte Kettenrad vorne würde sonst überhaupt nicht benötigt. Durch diese Änderung wird ein Schaltumfang von über 440 % möglich. Das ist beim Fahren im Bergischen Land ein großer Vorteil. Selbst bei einer kurzen Tour sind 350 Höhenmeter Unterschied immer drin. Ich bevorzuge meist Waldwege und Pfade. Für Speedfahren in der Ebene oder auf glatter Straße halte ich dieses Bike nicht sinnvoll. Da merkt man das Eigengewicht und den Rollwiderstand zu sehr.
Hinterradantrieb – Direkt
Dieses Fahrrad hat einen Hinterradmotor HXW-154 der Firma GAO. Das bedeutet, es hat einen Direktantrieb ohne Getriebe. Für kurze Zeit soll dieser Motor 500 Watt abgeben können, gemeint sind Fahrten mit steilen Anstiegen. Eine Erwärmung des Motors ist dabei nicht feststellbar. Und eine wirkliche tolle Eigenschaft ist die absolute Geräuschlosigkeit dieses Antriebs. Wenn ich den Getriebesound eines üblichen Mittelmotor-Antriebs dagegen höre, bin ich immer froh, mich für dieses Bike entschieden zu haben. Als weiteren und viel wichtigeren Vorteil sehe ich die weitgehende Verschleißfreiheit dieser Antriebsform an. Es entsteht kein Kettenverschleiß durch ein kleines hochdrehendes Antriebsritzel. Die Gewichtsverteilung mehr zum Hinterrad ist bei einem MTB kein Nachteil. Die Steifigkeit des Bikes ist dafür ausgelegt.
Handschaltung auch elektrisch
Die Nachteile des Hinterradantriebs sind bekannt, nämlich die nur gering ausgeprägte Lastabhängigkeit der Tretunterstützung. Das Treten selbst funktioniert eher wie ein globaler Einschalter der Unterstützung durch den Motor. Die Drehmoment-Abhängigkeit wird nur im Motor und in geringem Umfang realisiert. Aber an dieses Verhalten kann man sich trotzdem gewöhnen. Der Handschalter mit den 5 Stufen stellt auf einfache Weise unterschiedliche Unterstützungsgrade zur Verfügung.
Dieses Verhalten ist kein Nachteil beim Bergauffahren. Bei Bedarf stellt man halt eine höhere Stufe ein, wie bei einer manuellen Schaltung. Umgekehrt muss man beim Bergabfahren die Unterstützung zurückschalten. Insgesamt bedeutet das aber, dass eine gewisse Voraussicht nötig ist. Inzwischen muss ich beim Fahren nicht mehr über die Unterstützungsstufen nachdenken, genau wie beim Gebrauch der 24-Gang-Schaltung.
Bremsen und Geschwindigkeit
Die hydraulischen Scheibenbremsen einer Firma Clarks sind für mein Gewicht ausreichend dimensioniert, die vordere blockiert zudem nicht. Das finde ich OK. Ein gewisser Schwachpunkt ist die etwas instabile Position des Drehzahlsensors am Hinterrad. Das kann dazu führen, dass keine Geschwindigkeitsmessung erfolgt, die Unterstützung findet aber weiter statt. Die Folgen davon sind leicht zu erraten. Ich finde aber, dass die per GPS gemessene Spitzengeschwindigkeit von 24 km/h für den Geländeeinsatz völlig OK ist und halte ein Tuning für nicht zielführend.
Akku und Reichweite
Der Akku reicht für Fahrten bis etwa 90 Km im hügeligen Bergischen Land und unter realistischen Bedingungen. Das heißt, dass auch eine Reihe von Steilanstiegen dabei sind. Das ist für meine Zwecke mehr als genug. Das Fahrverhalten ohne Motorunterstützung finde ich ganz OK, man merkt halt den Rollwiderstand und das hohe Eigengewicht.
Nach vier Jahren konnte ich bisher nach vielleicht 60 Teilladungen keine Abnahme der Akkukapazität merken. Das ist natürlich ein subjektiver Eindruck. Der Akku wird auch im Winter nie unter 12 °C gelagert.
Schwächen
Die Fahrradstütze in Nähe des Hinterrades ist beinahe ein Totalausfall, sie ist unterdimensioniert. Ein erhebliches Sicherheitsproblem war anfangs, dass für die Befestigung der Clarks-Scheibenbremsen ungeeignete Schrauben benutzt wurden, die sich im Betrieb gelöst haben und verloren gingen. Die Nachbesserung war allerdings leicht möglich. Man sieht daraus, dass regelmäßige Wartungen des Bikes nötig sind. Die Sitzposition ist bei dem preiswerten Bike nicht variabel, was bedeutet, dass man je nach Terrain keine gute Kraftübertragung bzw. Sicherheit hat. Die Standardsitzposition ist ja tief, so dass man mit den Füßen sich notfalls abstützen kann. Dann sind die Knie leider gebeugt, also ist keine gute Kraftentfaltung möglich.
Zusammenfassung
Zusammenfassend ist zu sagen, dass das E-Bike für meinen Einsatzzweck gut geeignet ist. Gemeint sind nicht zu häufige, meist bequeme Fahrten auf Wegen abseits geteerter Straßen. Das Wetter ist ja dabei meist gut. Man darf nicht vergessen, dass schon die Masse des Bikes nicht zu einem sehr dynamischen Fahrverhalten verleitet. Das Lenkvermögen ist dadurch einfach herabgesetzt. Da ist selbst mein altes Trekkingrad (14 kg) viel besser. Wer kritische Strecken fahren möchte, wie zum Beispiel Downhill, wird ohnehin zu einem viel leichteren und stabileren Hightech-Bike greifen, vermutlich ohne elektrische Unterstützung, dafür aber mit variabler Sattelstütze.
Wieviele Höhenmeter schafft ein E-Bike?
Doch nun zur Rechenaufgabe. Das ist eine Textaufgabe, also obacht:
Ein Verwandter hat vor einiger Zeit berichtet, dass er bei seinen Studenten auf dem Weg zum Elektroingenieur gerne, um die Spreu vom Weizen zu trennen, folgende Textaufgabe stellt:
Stellen Sie sich vor, sie möchten eine Alpenüberquerung mit dem E-Bike fahren. Wieviele Höhenmeter kann das E-Bike überhaupt unterstützen? Was ist zu beachten?
Nun ja, der pragmatische Ansatz wäre, eine schnelle Google-Suche durchzuführen. In irgendeiner Fahrradzeitung hat sich bestimmt ein Freak dazu geäußert. Aber die probieren das meist einfach aus, nehmen also den völlig praktischen Ansatz. Die Alpen sind allerdings weit weg. Was tun? Einfach mal nachdenken über die Zusammenhänge?
Aspekt | Wert | Kommentar |
---|---|---|
Gewicht Fahrrad | 25 kg | Zuviel |
Gewicht Fahrer + Gepäck | 75 kg | OK |
Leistung Motor | 250 W | max. 500 W |
Wirkungsgrad des Elektromotors | 95% | OK |
Verluste durch Antrieb und Rollwiderstand | 5 % | Hoch |
Verluste durch Luftwiderstand | ? | Abhängig von der Geschwindigkeit |
Kapazität Akku | 504 Wh | |
Wirkungsgrad Akku | 95 % | Theorie |
Tretleistung (auf Dauer) | 125 W | Weniger? |
Erforderlicher Anstieg | 2500 m | OK |
1 Newton = 1 kg *1 m/sec^2
9,81 Newton = 1 kg * g = 9,81 m/sec^2 (g ist die Erdbeschleunigung)
1 Nm = 1 Ws (So einfach ist das eigentlich!)
504 Wh entsprechen 1814400 Newtonmeter als Angaben zur Energie
1814400/9,81/(75+25) = 1850 Höhenmeter sind theoretisch möglich.
Nach Korrektur verbleiben 1850 * 0,95 * 0,95 * 0,95 m = 1586 Höhenmeter
Wenn man sich für die Fahrt über die Alpen 8 Stunden Zeit nehmen würde, stünden alleine durch Muskelkraft theoretisch weitere 1000 Wh zur Verfügung. Das sollte insgesamt für die Alpenüberquerung reichen. Es ist aber offensichtlich, dass es eine ganze Reihe von Zusatzaspekten gibt, die die Variabilität des Ergebnisses erheblich erhöhen.
Fazit
Vermutlich kommt man um eine Messung unter Realbedingungen doch nicht herum. Aber unsere Rechenübung ist immerhin die Basis der Abschätzung.
Nachtrag
Ein Sachverhalt drängt sich mir auf: Wenn man sich beim Kauf insgesamt auf hochwertige Technik und geringes Gewicht des Bikes konzentrieren würde, könnte es sein, dass der Vorteil der motorischen Unterstützung nur noch gering ist.