Ein Kapitel der Familiensaga Lang
Es wäre wirklich eine schöne Sache gewesen. Der Firmengründer Richard tut sich mit seinem deutlich älteren und bereits erfahrenen Cousin Karl zusammen. Beide sind ambitionierte Maschinenbauingenieure aus Großrechtenbach, heute Ortsteil von Hüttenberg. Nach einer langen und mühevollen Anfangsphase des Start-ups wird schließlich ordentlich Geld verdient. Die Zahl der Mitarbeiter wächst, es gibt mehrere Bauabschnitte. Die beiden sind einig. Es ist anfangs eine wirkliche Erfolgsstory, die Entwicklung der Lang GmbH & Co KG in Hüttenberg. Später allerdings, wie gewonnen, so zerronnen.
Leider starb Richard viel zu früh. Seine Erben waren seine Ehefrau Marlise und zwei recht junge Töchter. Und Karl hatte auf einmal sehr viel am Hals, obwohl er eigentlich schon berentet war. Seine Ehefrau Martha war anfangs formale Geschäftsführerin. Richards Erben und meine Eltern Martha und Karl waren nicht gerade durch ein Vertrauensverhältnis verbunden. Marlise hat meist mehr Zutrauen zu externen Beratern, die jeweils nicht durch Fachkenntnis glänzten in dem sehr technischen Umfeld.
Meine Eltern übertrugen dennoch 1991 die Hälfte ihrer recht werthaltigen Firmenanteile auf ihre vier Kinder. Ich kann mich noch an die Worte meines Vaters erinnern: „Ich kann Euch nicht raten, die zu behalten, verkauft sie doch lieber!“ Und: „Verlasst Euch nicht darauf, kümmert Euch unbedingt um Eure erlernten Berufe!“
Wie Kinder so sind! Man meint, es sei quasi eine höhere Pflicht, so ein Erbe anzutreten. Hinterher ist man natürlich klüger. Man weiß dann, dass die Übernahme wirtschaftlicher Unsinn und insgesamt Selbstüberschätzung war. Denn als mein Vater 1994 starb, fehlten der viel zu großen und auseinander strebenden Gesellschaftergruppe wesentliche Eigenschaften zur Führung eines mittelständischen Unternehmens:
- Technischer Sachverstand
- Kaufmännisches Denken
- Der Wille zur Einigkeit der beiden Stämme
- Die Zurücknahme von Einzelinteressen
- Entschlusskraft
Alles das hatten wir nicht. Leider.
In dieser Situation feierte das Unternehmen sein 25-jähriges Jubiläum. Vor mir hielt die – so von ihr selbst wahrgenommene – Hauptgesellschafterin Marlise eine emotionale Rede, die mein langjähriger Freund C. bei einer Geburtstagsfeier vor 5 Tagen noch als „göttlich“ in Erinnerung hat. Er war auf meine Einladung hin Gast bei dem Jubiläum gewesen.
Nach Marlise sprach ich.
Meine damalige Rede ist hier zu finden.
Nach dieser Veranstaltung dauerte es noch 5 leidvolle Jahre, bis wir – ich meine hiermit meine Mutter, meine 3 Geschwister und ich – aus dem Unternehmen katapultiert waren. Mit losgelöstem Verhalten der „Hauptgesellschafterin“, eigenwilligem Verhalten des Steuerberaters und einer schwer abschätzbaren Rolle des Geschäftsführers. Die Hausbank war die komplizierte Gesellschafterstruktur ebenfalls leid.
Wir mussten schließlich „froh“ darüber sein, dass unsere Firmenanteile beinahe zum Nulltarif vom damaligen und heutigen Geschäftsführer übernommen wurden, und dass wir nicht noch mit späteren Nachforderungen überzogen wurden. Es versteht sich von selbst, dass das Vertrauensverhältnis auch unter uns vier Geschwistern danach recht gestört war. Die Folgen reichen leider bis heute.
Trotz allem war die Zeit nicht nur schlecht. Wir haben alle viel gelernt dabei, etwas Geld ist auch hängengeblieben. Es hätte natürlich viel mehr sein können. Wir als Geschwister haben uns über gut 10 Jahre monatlich gesehen, auch unsere Mutter. Meine Söhne wurden technisch mitgeprägt. Und es war spannend. Das ist ja auch etwas.
Mitgesellschafter eines florierenden Maschinenbauunternehmens zu sein, wäre schon etwas Besonderes gewesen. Aber es kam anders, wie gewonnen, so zerronnen. Es hätte auch gut gehen können!
Nachsatz zur Haftungsproblematik in einem Familienunternehmen:
Auf Drängen meiner Ex-Frau habe ich 1999 wegen der sich anbahnenden wirtschaftlichen Probleme der Firma ein Beratungsgespräch mit dem langjährigen Notar und Anwalt der Familie vereinbart. Auf die Frage nach dem persönlichen Risiko der Firmenbeteiligung für uns meinte er nach kurzem Nachdenken: „Ich meine, dass Ihre Risiken im persönlichen Umfeld selbst deutlich größer sind.“ Wie recht er doch hatte.