Vintage Synth und moderne Software: Eine Synthese?
Jetzt scheint es doch noch etwas zu werden: Ein richtig guter, moderner Arbeitsplatz für die Musikimprovisation. Da versuche ich mich ja seit mehr als 25 Jahren dran. Ich habe im Laufe der Jahre verschiedene Software getestet, aber irgendwie war nie die Ideallösung dabei. Aber nun ist ja Corona-Lockdown light, und die Zeit ist vorhanden, zumal das Wetter aktuell nicht sehr zu Outdoor-Aktivitäten einlädt.
Der Mittelpunkt steht mein gutes altes Masterkeyboard Studiologic 2001 von Fatar. Da es sein Gedächtnis verloren hatte, musste ich unter Einsatz von Kneifzange und Lötkolben die Batterie tauschen und die vorhandene SYSEX-Sicherung wieder einspielen. Dieses Keyboard ist ein echter MIDI-Controller, mit Display, Tasten, Schiebereglern, jeweils 4 Ein- und Ausgängen mit den guten alten DIN-Steckern. Zwei Pedale, Sustain und ein Reglerpedal habe ich angeschlossen. Mit letzterem kann man sehr schön einen WahWah-Effekt erzeugen.
Das schwere 88-Tasten-Keyboard steht derzeit auf meinen großen selbstgebauten Boxen. Da wackelt gar nichts mehr. Die Tastatur ist ja voll gewichtet, deutlich stärker als bei meinem allerdings sehr leichtgängigen Klavier von 1929. Mit Anschlagsdynamik und Aftertouch, das versteht sich. Angesteuert wurde bisher mein Vintage Synth TG 300 von Yamaha, einem General Midi Tongenerator mit 32 Stimmen, 16 Kanälen.
Man muss aber festhalten, dass bei der Improvisation und Einsatz des Haltepedales diese 32 Stimmen zu wenig sind. Da erwarte ich vom modernen Software-Synth TTS-1 von Cakewalk mehr. Einstellen kann man hier eine Polyphonie bis zu 128 Stimmen. Wenn ein vielsaitiges Musikinstrument nachklingt, dann kommt diese Stimmenanzahl locker zustande, auch wenn man an eine mehrmanualige Orgel mit vielen Registern denkt.
Damit wären wir bei der Software. Ich habe die Vollversion von Cakewalk von Bandlab installiert. Das ist eine enorm umfangreiche professionelle Software, die es nun kostenlos gibt. Man muss sich dafür nur bei Bandlab registrieren. Diese komplexe Software hat mich nicht nur am Anfang etwas überfordert, da sich die Logik nicht einfach bei der Verwendung erschließt. Ich hätte mir einen impliziten Workflow gewünscht, der aber definitiv nicht vorhanden ist. Es handelt sich um eine extrem detaillierte Software mit unendlich vielen Einstellmöglichkeiten, das jeder Anforderung gerecht werden soll, ein Monstrum sozusagen.
Es fehlt leider der rote Faden, sodass die Einarbeitungszeit hoch ist. Man ist heute von Smartphones anderes gewohnt, nämlich Software mit impliziter Logik, die den Benutzer unterstützt, ja ihn führt. Ich glaube, dass dies der Grund dafür ist, diese Software kostenlos anzubieten. Eigentlich müsste sie neugeschrieben werden, mit dem Schwerpunkt Usability.
Bei Einstellungen – Audio – Aufnahme und Wiedergabe habe ich nach vielen Versuchen nach der Methode Trial an Error den Treiber WASAPI shared gewählt. Bei MIDI – Aufnahme und Wiedergabe – den Treiber UWP. Ich habe zusätzlich mein altes USB/MIDI-Kabel gegen ein aktuelles getauscht. Nun funktioniert alles wie gewünscht.
Es ist schon prima, den eingebauten VST-Synthesizer TTS-1 oder den VST-Synth Electric Piano 1, letzterer mehr im nostalgischen Look ohne hörbare Latenz vom MIDI-Keyboard aus ansprechen zu können. Natürlich lässt sich hier auch mein TG 300-Modul verwenden, wie auch weitere mitgelieferte VST-Generatoren. Meine Experimente, diese Cakewalk VST-Synthesizer von einer anderen Sofware aus zu verwenden, sind bisher leider gescheitert.
Schauen wir mal, was der Einsatz noch für weitere Erkenntnisse bringt. Der Plan ist, meine Improvisationen auf dem Keyboard einzuspielen, zu korrigieren, weiterzuentwickeln und zu veröffentlichen. Mal sehen, ob die Produktivität des Ganzen das hergibt. Genügend MIDI-Editoren sind ja eingebaut.
Ich bin nur mit der Linux Audio Software einigermaßen vertraut. Aber die gibt es meist auch als Windowskompilation. Jack kann ich nur empfehlen und als Synthesizerumgebung Qsynth, Zynaddsub bzw. Yoshimi oder, wenn man tiefer einsteigen will, Puredata. Da ist auch Mikrotonalität zu verwirklichen, also gewollt schiefes Zeug für westliche Ohren, Wolfsquint und so. Hier ein Beispiel: https://open.spotify.com/album/6h0sHXieTPtHkmtHXYhau8?si=eH1trNTMQ5uXNQmws5KK0w
Es gibt ergiebige Datenbanken, in denen 1000ende nicht wohltemperierte, aber unter speziellen Bedingungen sehr wohlklingende Stimmungen mit Midi verträglich verwirklicht werden können, Sysex-Midifiles.
https://sevish.com/2017/mapping-microtonal-scales-keyboard-scala/ Liebe Grüße