„Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht?“
Einleitung
Wir sollten die Erwartungen an Synthesizer generell nicht zu hoch setzen. Denn ein Klavier/Flügel als Beispiel ist ein akustisches Unikat, das Klänge in der Lautstärke von kaum hörbar bis extrem laut liefern kann. Zusätzlich spielen mechanische Effekte, die Dämpfung, komplexe Resonanzen, die Beschaffenheit der Hämmer sowie viele Ungenauigkeiten eine große Rolle. Haben Sie schon mal ein geöffnetes Klavier betrachtet? Danach ist klar, dass ein Synthesizer auf jeden Fall anders funktioniert…
Cakewalk
Mit der Audio-Workstation geht es vorwärts. Nun habe ich unter Cakewalk 6 bzw. 7 Synthesizer getestet. Diese DAW-Software bietet immerhin noch eine altmodische DXi-Schnittstelle für Plugins. Natürlich ist sie auch Host für VST-Plugins, die im Audio-Bereich heute weitverbreitet sind. Gemeint sind Synthesizer und Effekte zum Beispiel. Cakewalk bringt in meiner Version immerhin 26 davon mit. Da kann man sich leicht verirren!
ReWire
Um das verwirrende System noch zu toppen, gibt es zusätzlich noch die DAW-Schnittstelle ReWire, die der Verknüpfung von unterschiedlicher DAW-Software dient. Ich habe sie zufällig gefunden, als ich Ableton Live 10 Lite gestartet habe. Cakewalk – Menu – Einfügen – ReWire-Gerät – Uncategorized – Ableton heißt die Funktion. Ableton wird dann als Client betrieben, Cakewalk ist Host. Ableton muss dafür geöffnet bleiben.
Ableton
Ich habe nur eine Spur eingefügt, um den modernen Ableton-Sample-Synth mit dem Patch Grand Piano zu testen. Da ist beinahe jeder Ton einzeln gesampelt, mit und ohne Pedal. Den Klang finde ich schon recht überzeugend, insbesondere im Bassbereich und in den hohen Tönen klavierähnlich.
Cakewalk TTS-1
Im Vergleich zum traditionellen TTS-1 General MIDI 2-Synth von Roland war für mich der Unterschied bei Grand Piano kaum hörbar. Der Roland ist wirklich super, individuell einstellbar, 16 fach multitimbral und 128 fach polyphon. Und immerhin schon 16 Jahre alt. Erstaunlich, dass Ableton keinen GM-Synth mitliefert. Das bedeutet, dass man hier jeden Kanal einzeln mit einem Instrument belegen muss. Ist halt eine andere Vorgehensweise. Für mich ist Ableton somit nur für Solo-Instrumente geeignet, also nicht multitimbral analog GM.
Synth1
Synth1 – nicht multitimbral und 32 fach polyphon – ist klanglich eine ganz andere Hausnummer, den finde ich toll. Hier gibt es deftige Klänge mit sehr wirksamen Effekten, die auch sehr unterschiedlich ausfallen können. Besonders eindrucksvoll finde ich BT_Theatre B3, wobei ich für einen unverzerrten Klang bei Effekt r.m. eingestellt habe statt a.d.2. Mit dem Modulationsrad kann man nun einen wunderbaren Pendeleffekt des Orgelsounds („Schweineorgel“) zwischen den Stereokanälen erzeugen.
Surge 1
Der nächste Synth, als VST3-Plugin unter Cakewalk installiert, ist Surge 1. Es handelt sich um einen freien, nicht multitimbralen, polyphonen, hochkomplexen Synth mit umfangreicher Effektsektion. Zusätzlich verwendet er Wellenformen. Davon hatte ich mir allerdings mehr erhofft. Wenn ich mir die zahlreichen mitgelieferten Klänge anhöre, bin ich enttäuscht. 1000 laute Tröten, das überzeugt mich so nicht! Da wäre bestimmt mehr drin gewesen. Leute, hört euch doch mal die Klänge des Synth1 an! Und schraubt mal mehr an den Knöpfen, Reglern und Schaltern! Surge 1 kann man leicht mit MIDI-Befehlen verknüpfen. Ein echtes Plus für den Live-Betrieb! Ich werde den Surge1 mal weiter beobachten.
SI-Electric Piano 1 von Cakewalk
Dann der Synth SI-Electric Piano 1 von Cakewalk, ein VST-Plugin, das lustigerweise auch unter Ableton läuft. Hahaha! Das ist, wie der Name schon sagt, ein E-Piano-Synth mit einer Ansammlung von gesampleten WAVs, also ein echter Sample-Synth wie bei Ableton. Der einzige Klang allerdings, der mich wirklich überzeugt hat, war Classic Rhodes Piano. Vielleicht tut sich ja noch etwas bei mir.
JMSynth von OMB
Noch ein paar Worte zum JMSynth von OMB: Das ist offensichtlich ein Low Latency-Hack zum Microsoft GS Wavetable Synth. Hier lieferte der Klang Grand Piano kein gutes Ergebnis, der Sound ist eher kratzig. Vielleicht ein 8-Bit-Synth aus alten Zeiten?
GM/GS-Modul TG 300 von Yamaha
Erinnern möchte ich noch an mein nostalgisches GM/GS-Modul TG 300 von Yamaha. Das klingt bei Grand Piano recht schön. Nicht schlecht für ein so altes Klanggerät! Die hatten es schon 1993 wirklich drauf. Und 16 fach multitimbral sowie 32 fach polyphon.
Zusammenfassung
Wenn ich die Erfahrungen zusammenfasse, ist nun klar, dass ich mich als Nerd leicht in den technischen Features der DAWs verirren könnte. Mein Ziel war aber die Live Performance am Keyboard, vielleicht mal ein Mitschnitt und hin und wieder die Erzeugung von Audiodateien. OMB benötigt einen multitimbralen Synth wie den TTS-1. Die anderen werde ich als Solo-Instrumente verwenden. Cakewalk ist doch nicht so unhandlich, wie ich dachte. Es war die richtige Entscheidung. Ableton wäre nur anders.
Ich habe noch einen freien Synth als VSTi unter Cakewalk installieren können. Diesmal heißt er Crystal. Das Wort klingt cool, in der Bedienoberfläche sieht er auch gut aus. MIDI-Befehle kommen wirklich rüber. Wenn ich aber die mitgelieferten Klänge anhöre, gilt das Gleiche wie bei Surge. 500 schräge Tröten, sorry. Warum so ein Aufwand? Irgendetwas Grundsätzliches verstehe ich anscheinend nicht. Leute, messt Euch doch erstmal an den natürlichen Klängen. Dann baut davon abgeleitet neue! Ich glaube, den gar nicht kristallklaren Crystal deinstalliere ich wieder.