Spielen mit einer virtuellen Band
In den letzten Tagen lief im TV eine Beethoven-Verfilmung zum Jubiläumsjahr. Da war er zu sehen, unser Musikgenie. Wie er von seinem Vater zum musikalischen Wunderkind dressiert wurde, wie er immer und überall Spitzenleistungen abliefern musste. Der stammte selbst aus einer Musikerfamilie, also wird ihm Gleiches widerfahren sein. Sein ganzes Leben hat Ludwig unglaubliche Kompositionen abgeliefert. Im Privaten allerdings scheiterte er.
Wenn ich da so an meine Kindheit und Jugend denke, dann war immer und überall viel Musik. Singen in der Familie und im Chor, in der Jugendgruppe, Blockflöte, Blasinstrumente Bariton und Zugposaune mit Spielen im Chor, mehrere Jahre Klavierunterricht. Ich durfte sogar mal in der Kirche Orgel spielen. Ich kann mich allerdings nicht erinnern, in irgend einer Form schikaniert worden zu sein, zu besserer Leistung gedrängt wurde ich nicht.
Dass ich nicht der junge Mozart oder Beethoven war, das war von Anfang an klar. Ich denke, dass man da meinen Eltern nichts vorwerfen konnte. Sie haben das akzeptiert. Meine Mutter war immerhin eine begeisterte Sängerin, die von allen Lieder grundsätzlich sämtliche Strophen auswendig kannte. Mein Vater war musikalisch gesehen der absolute Autodidakt. Klavier, Orgel, Trompete, Chorleiter, das waren seine Aktivitäten. Sogar ein Kinderchor gehörte dazu.
Wenn ich auch nicht der Supermusiker geworden bin, dann hat meine Kindheit trotzdem bleibende Auswirkungen auf mein musikalisches Interesse gehabt. Ich habe mir später ein Klavier gekauft, danach ein Master-Keyboard, einen Synthesizer und viele Notenhefte, und die teilweise auch spielen können. Klassik und Pop, was es halt so gibt und mir gefällt.
Zuletzt habe ich auf dem Klavier vermehrt frei gespielt, improvisiert, Riffs kreiert, also Klangfolgen. Auf jeden Fall ohne Noten. Denn hier sehe ich das Problem in meiner musikalischen Früherziehung. Abspielen vom Blatt ist meiner Meinung nach reine Dressur. Schulung des Gehörs und des Harmonie-Verständnisses wäre besser gewesen.
Mit meinem Eintritt in den Ruhestand und den Einschränkungen durch die Corona-Pandemie war nun genügend Zeit vorhanden. Ich habe meine Kenntnisse um MIDI reaktiviert, auf dem Laptop die DAW Cakewalk installiert. Mit der Installation der kostenpflichtigen Version von OneManBand war nun die Weiterentwicklung möglich.
Mein Ziel ist es nun, die Technik beim Improvisieren zu nutzen, beim Jammen. Ich spiele auf dem Keyboard, und OMB liefert eine stylische Begleitung dazu, die eventuell sogar gut klingt. Manchmal auch zu gut, da zu perfekt. Die musikalischen Informationen dazu befinden sich in sogenannten Styles. Es handelt sich hier um spezialisierte, in Abschnitte gegliederte MIDI-Dateien mit Informationen zu den eingesetzten Instrumenten und deren Lautstärke beispielsweise.
Von diesen Styles habe ich inzwischen mehr als 1500 auf meinem Rechner. Es gibt Unmengen davon im Netz, meistens sind sie für Yamaha-Keyboards gedacht. Manche davon sind musikalisch einfach, es gibt aber auch perfekt ausgestaltete Vorlagen, wie aufwendig komponiert. Hier sind Hobby-Musiker weltweit hochaktiv.
Ich zeige weiter unten einen Abschnitt aus einem Style, Ending C, als Beispiel. Der Style hat 8 Spuren, also Instrumente, hinzu käme noch mein Solo-Track, und geht über immerhin 16 Takte. Im Prinzip ist das alleine schon ein kleines Musikstück mit einem kompakten Orchester, das man nun weiterverwenden kann. Der gesamte Style weist eine Länge von immerhin 55 Takten auf.
Alleinunterhalter verwenden solche Styles, um daraus Musikstücke zusammenzufügen, zu arrangieren. So nennt man das. Mein Ziel ist das aber nicht, wie weiter oben geschrieben. Begleitautomatik klingt leider irgendwie anrüchig.
Warum schreibe ich diesen Text?
Nun, der geneigte Leser wird verstanden haben, dass es sich hier durchaus um anhörbare Musik handeln kann. Das muss nichts Triviales sein. Manches klingt mit kleinem Aufwand wirklich schön. Diese Vorgehensweise bietet eine zeitgemäße Möglichkeit häuslich zu musizieren. Nicht jeder hat schließlich eine Band zu Hause. Und nicht jeder ist hochmusikalisch. Es macht aber Spass!