Atzbacher Dialekt
Ja so ein Bauernhof, der löst positive Assoziationen aus. Viele Familien mit Kindern greifen das gerne auf: „Ferien auf dem Bauernhof.“ Das gilt als „die Idylle“ überhaupt. Ich hatte diese allerdings 5 Jahre lang, denn die ersten Jahre meines Lebens habe ich auf einem Bauernhof zugebracht. Ich kann sagen, manches wirkt aus heutiger verklärter Sicht tatsächlich so. Das war aber definitiv nicht alles. Denn es gab neben der Idylle auch die Realität. Und die war ganz anders, sodass mir meine Schwestern dringend abgeraten haben, auch nur ansatzweise darüber zu schreiben. Na gut, jedenfalls derzeit.
Dann bleibt nur noch, an die beliebten Kurzfilme „Shaun the Sheep“ mit den sprachlosen Knetfiguren zu denken, die eine wunderbare Illusion bieten. Alles liegt in hellem Licht, die Wiesen sind saftig grün und der Himmel ist tiefblau. Die Tiere sind wie beseelt und entfalten ein fast immer lustiges Eigenleben. Alle Konflikte lösen sich wie von selbst in kurzer Zeit. Der Bauer ist zwar ein mürrischer Sonderling, aber eigentlich ist er doch ganz nett. Die wirklichen Helden sind die junge Shaun und der Hofhund Bizzer. Der verbockt es zwar meistens, aber das kluge junge Schaf kriegt es mit viel Geschick wieder hin. Und wir sind dabei auf den Zuschauerrängen. Zur Schlafinduktion kann man locker drei Folgen hintereinander verwenden! Soviel Harmonie wirkt sofort!
Der Bauernhof meiner Kindheit in Atzbach:
de Hoob – der Hof
die Plasterstoah – die Pflastersteine
de Bonn – der Brunnen
de Kruehne – der Wasserhahn
de Oabtredd – die Toilette
es Hoisje – das Plumpsklo
die Trepp – die Treppe
en de Schauer – in der Scheune
emm Stall – im Stall
die Werkstoad – die Werkstadt
de Hohmer – der Hammer
die Sähch – die Säge
Sächemeal – Sägemehl
die Zang -die Zange
off de Strueß – auf der Straße
de Gummiwoah – der Anhänger mit Luftreifen
enn Laaderwoah – ein Leiterwagen
de Bulldogg – der Traktor
die Koi – die Kühe
de Koistall – der Kuhstall
d’s Kälbche – das Kälbchen
en gefiehrliche Bulle – ein gefährlicher Bulle
de Gaul – das Pferd
de Sau – das Schwein
die Säu‘ – die Schweine
die Mogg – das Mutterschwein
de Eewer – der Eber
Die Hinkel leeche Aajer. – Die Hühner legen Eier.
Aajer – Eier
de Hinkelstall – der Hühnerstall
de Gickel – der Hahn
e Gluck – eine Glucke
Aajer ausbroire – Eier ausbrüten
de Honnd – der Hund
die Katz – die Katze
de Mois – die Mäuse
d’s Pulloch – die Jauchegrube
es Pullfass – das Jauchefass
Pull foa’n – Jauche ausbringen
de Measthaufe – der Misthaufen
de Pluckskä’nn – der Pflugkarren
die Ruure-Roiwe-Robbmaschin – die Rübenerntemaschine
die Meehmaschin – die Mähmaschine
die Gadoff’nmaschin – die Kartoffelerntemaschine
die Eeh – die Egge
de Grubber – der Grubber
die Heuma – der Heuwender
Dickwozz – Futterrüben
Zoggerroiwe – Zuckerrüben
die Laader – die Leiter
des Feald – das Feld
die Ägger – das Ackerland
Gadoffe’n ausmache – Kartoffeln ernten
Uhkraud robbe – Unkraut jäten
Diss’n steache gieh – zum Stechen von Disteln gehen
Haa robbe – Heu rupfen (in der Scheune)
die Wisse – die Wiesen
eann die Lee schwöemme gieh – in der Lahn schwimmen
die Leewisse – die Lahnwiesen
d’s Leedoahl – das Lahntal
die Fesch – die Fische
Do weehst koa Groas mieh! – Da wächst kein Gras mehr!
Aich seeh hej nur Uhkraud! – Ich sehe hier nur Unkraut.
Die Reanner soi off de Waar met’m Elektrozaun. – Die Rinder befinden sich auf der Weide mit einem Elektrozaun.
Mir stieh inner’m Laenneboahm. – Wir stehen unter dem Lindenbaum.
en Äbbelboahm – ein Apfelbaum
en Böennboahm – ein Birnbaum
de Kescheboahm – der Kirschbaum
Hauste mache – Hausten bereiten
Koann – Korn (Roggen und Oberbegriff)
Howwer – Hafer
Geaschd – Gerste
Waas – Weizen
Keanner – Körner
Schruehd – Schrot
Sehr schönes Vokabular! Was ist denn eine Hauste, Ali?
Der Hauste ist mittelhochdeutsch, ein mittelalterliches Wort für auf dem Feld zum Trocknen zusammengegabelter Heu- oder Getreidehaufen. Bei Getreide würde ich sagen: Zusammengestellte Garben mit einer davon wie eine Mütze obendrauf. Hier mein Vater, wie er auf’m Sennche Heu zu Hausten gegabelt hat. Karl beim Heumachen