Gedanken am nebligen Samstag
Es ist beim Frühstück bereits 9 Uhr, und draußen nicht richtig hell. Dafür ist es neblig und es regnet leicht. Ich schalte die Tageslichtlampen im Wohnzimmer ein, damit es wenigstens wie ein normaler Tag wirkt. Ende Januar halt. Wir trinken in aller Ruhe den Kaffee auf, und sind dabei schon mitten in der Unterhaltung, natürlich über die aktuellen Themen Omikron, Energiekrise, Heizung und Energie, Coronafälle in der Familie, und last-not-least die Ukraine-Krise.
Oh, da meldet sich schon das Handy. WhatsApp-Chat mit einer meiner Schwestern. Die drittletzte Tante sei verstorben. Von deren Familie aus hatte es früher trotz mehrmaliger Versuche meinerseits keine Rückmeldung gegeben, schade drum. Ein Kontakt wäre schon gut gewesen.
Ach, da meldet sich die andere Schwester auch über WhatsApp. Es entwickelt sich ein längerer Thread über unsere eigene Familie. Über die familiäre Gewalt oder auch nicht geht es lange Zeit hin und her. Über die Fehler oder Schwächen der eigenen Eltern diskutieren wir, über die Arten zu kommunizieren. Das sind belastende Themen. Ich zitiere zum Ende mich selbst, dass nämlich die eigene Familie keine Heilige Familie war und ist. Wir sind uns einig, dass wir auch Schwächen und Fehler haben, die Nachfahren uns vorhalten können.
Ich gehe mal zum Briefkasten und hole die Post rein, die neue c’t ist da, daneben Werbung und eine Rechnung. Dabei fällt mir auf, dass es draußen nach DDR riecht. Gemeint ist der Geruch nach Verbranntem, wohl Holz oder Braunkohle. Wenn das mal kein Vorgeschmack ist auf die Folgen einer militärischen Auseinandersetzung zwischen Russland und der Ukraine. Bei Betrachtung der Kräfteverhältnisse ist klar, wer hier – vermutlich verlustreich – als Sieger hervorgehen würde. Natürlich Russland.
Selbst auf Zeit online, also einer mehr intellektuellen Website, dominieren die Stimmen, die es als Schwäche ansehen, dass Deutschland bisher der Ukraine kein militärisches Gerät geliefert hat. Als ob wir die Situation dort wirklich verstehen würden! Einer meiner Gesprächspartner stellt sogar die Satellitenbilder von der russisch-ukrainischen Grenze infrage, als mögliche Fake-Fotos der CIA, er verweist auf den zweiten Irakkrieg. Das fände ich allerdings hart, wenn es so wäre.
So sind nun die Stimmen, die nach Stärke rufen, nach Machtdemonstration mit Waffen, sehr laut zu hören. Die Stimmen, die auf Verhandlungen setzen, sind deutlich leiser. Wollen da einige Leute die potenzielle Gefahr etwa nicht erkennen? Russland ist trotz aller Schwächen immer noch eine hochgerüstete Atommacht. Mehr als die Hälfte der Atomsprengköpfe weltweit sind unter russischer Kontrolle. Wollen welche Leute etwa einen ausufernden Krieg in Europa?
Und Deutschland bezieht über den Daumen gesehen die Hälfte seiner Energie, sei es als Erdgas, Öl oder Kohle, aus Russland. Das hat nun schon sehr viele Strom- und Gaskunden in die Notlage gebracht. Die Preisexplosion am Spotmarkt hat ihre Energiekosten z. B. verdreifacht. Hoffentlich erwischt uns das nicht!
Wie konnte nur die Energie-Abhängigkeit von Russland so groß werden? War es denn in 16 Jahren Merkel nicht möglich, dieses Problem zu erkennen und zu korrigieren? Die Ampel-Koalition hat somit das zweite richtig große Problem nach Corona von der GroKo geerbt. Und einen drohenden Krieg in Europa!
Mal ehrlich, so richtig verstehen wir die Ukraine und das riesige Russland nicht. Wie leben die Menschen dort wirklich, also abseits von Moskau oder Petersburg, wie auf dem flachen Land der großen und armen Ukraine? Wer sind die Drahtzieher? Wer sind die einflussreichen Leute? Kennen wir die Oligarchen? Wer wären die Profiteure eines Krieges? Die USA haben schon Waffen im Wert von mehr als einer Milliarde USD geliefert!
Dagegen wirken die hiesigen Probleme um Corona trotz der eskalierenden Infektionszahlen eher klein und lösbar. Wenn die Impfgegner doch von der selbstschädigenden Idee lassen könnten! In so einer Zeit Symbolik des Holocausts zu verwenden, sich als Verfolgte in Deutschland darzustellen, das finde ich komplett absurd. Libertär-subjektivistisch hat O. Nachtwey soeben diese Geisteshaltung genannt.
COVID-19 ist nun in der Familie bei den Enkeln angekommen. Hoffentlich passiert den zugehörigen Senioren nichts! Die sind aber immerhin geimpft. Wir selbst leben, einfach um das Risiko einer Infektion zu vermindern, vergleichsweise isoliert. Schon eine Hospitalisation deswegen wäre eine Horrorvision, finde ich.
In der Tangogruppe ist das Verhalten im Hinblick auf Masken unverändert zweigeteilt. Mir fehlt zwar das logische Verständnis dafür, aber OK, das sind gebildete Leute, sie müssen wissen, was sie tun. FFP2-Masken schützen noch viel besser als jede Impfung. Das ist Tatsache. Und wenn die Wocheninzidenz bei 2400/100.000 liegt, Omikron ansteckender ist als Windpocken, dann macht es m. E. Sinn, bei Kontakten eine Maske zu tragen. Aber wie erwähnt, das ist nunmehr „Nebenkriegsschauplatz“.
Besonders lustig finde ich unsere Situation in Deutschland somit nicht. Allerdings klagen wir Deutsche gerne auf hohem Niveau. Ehrlich gesagt, uns selbst geht es dennoch gut. Wir sind gesund und haben angenehme Bleiben. Wir können uns sinnvoll beschäftigen. Über den Blog und das Schreiben hat es schon etliche Kontakte gegeben. Das war eine gute Idee damit. Man lernt auch viel dabei.
Es könnte jetzt bald Frühling werden! Die Schneeglöckchen sind noch in Wartestellung.
Lieber H.M., danke für Deinen Kommentar. Deine Sicht ist sehr viel weiter, ja übergeordnet! Das ist in der Tat überzeugend im Vergleich zum eingeschränkten Blick auf die eigene Familie, die nie perfekt sein kann. Sie heilig zu nennen, wäre eine Ironie. Mehr nicht.
Das Bild von der „Heiligen Familie“ ist sehr fragwürdig. Mir kommt die Idealisierung dieser „Gesellungsform“ unrealistisch vor. Die Entstehung einer neuen Familie wurzelt immerhin in (mindestens) zwei Ausgangsfamilien, deren „Ideale“ nicht unbedingt deckungsgleich sein müssen, aber in einer möglichen Ähnlichkeit paarbildend wirken können:
es heiratet nicht nur „Dreack bei Dreack“, sondern auch „Glaubenspraxis mit Glaubenspraxis“. Die Ergebnisse – Anreicherung von Besitz an Grund, Boden und Arbeit – wie die gottgefällige Auftragserfüllung in „Erde-untertan-machen“ und „Mehret-euch!“ führen dann zu der Überzeugung, etwas Gottgewolltes, Segensreiches, Nachhaltiges und sogar „Heiliges“ selbst geschaffen zu haben.
Wie weit weg ist diese Vorstellung von Josef (Hl. Geist), Maria und Jesuskind!
Ich bleibe dabei, „geheiligt werde Dein Name!“ zu beten und der „Gemeinschaft der Heiligen“ dankbar und mit Überzeugung anzugehören.