Okay, Boomer, jetzt weißt Du Bescheid!
Generationen-übergreifende Kommunikation scheint schwierig zu sein. So dürften die heutigen Berufsanfänger den Begriff Work-Life-Balance kritischer zu sehen als ihre Vorgänger der Gen Y. Sie haben gemerkt, dass dies weitgehend zulasten der Arbeitnehmer gehen könnte. Der Arbeitgeber hat dann überall und immer Zugriff auf die Ressource. Genau dies wollen die jungen Leute heute so nicht mehr.
Sie haben selbst erlebt, dass digitale Kontakte kurzlebig, austauschbar und unverbindlich sind. Insofern stellt das heute einen gewissen Rückzug ins Private dar. Die eigenen engen Freunde und die Familie werden wieder wichtiger. Wer ständig für die Firma brennt, ist vom Burnout bedroht. Eigentlich ist mir das nichts Neues, ich habe das ja selbst erlebt. Aber erstaunlich ist die verhaltene Abkehr vom bisherigen Konzept schon.
Da ist mir noch so ein schillernder Begriff untergekommen: New Work, nach Publikationen des Philosophen Frithjof Bergmann. Lohnarbeit als aussterbendes Modell, so seine noch futuristisch klingende Idee. Stattdessen Autonomie, Freiheit und Teilnahme in der Gesellschaft. Auch der Begriff „Smart Consumption“ klingt gut, nur noch das verbrauchen, was man wirklich will. Die Transformation der Arbeit durch die modernen Technologien soll zu mehr Selbstbestimmtheit und Glück führen. Hoffen wir’s!
Es war ein angenehmer Abend mit dem jungen Geschäftsführer, der ein perfektes Work-Life-Blending betreibt. So jedenfalls scheint es. Und seine Lebensgefährtin hat einen Job, der das auch gestatten dürfte. Kein Wunder, dass sie so technikaffin sind. Und sich in dem extrem verdichteten städtischem Umfeld wohlfühlen.
Gesprächsthema ist zunächst das Wohnen mitten in einer Großstadt. Eine sehr schöne neu gebaute Wohnung haben sie, wirklich. Aber die liegt im Innenhof eines Häuserkarrees. Egal, aber alles sonst stimmt. Die Einrichtung ist vergleichsweise minimalistisch. Da könnten wir kaum mithalten. Der TV fehlt auch, anderes scheint ihnen wichtiger. Ich gebe zu, mir würden hier Ruhe und Grün fehlen. So viele Menschen trifft man hier, und das ständig.
Dann kommt das Gespräch auf ihre berufliche Tätigkeit in einer universitätsnahen Personalberatung. Jobteaser heißt die französische Firma, sie möchte Kontakt zu Studierenden aufbauen und Absolvent:innen den Übergang in eine Beschäftigung vermitteln. Das Unternehmen beschäftigt sich deswegen intensiv mit der speziellen gesellschaftlichen Situation der jungen Menschen, die derzeit vereinfachend als Generation Z bezeichnet werden.
Jobteaser führt zweimal im Jahr Befragungen von Studierenden und Absolvent:innen durch, und veröffentlicht die Ergebnisse auf der Unternehmenswebsite. Man kann den gesamten Bericht auch nach Registrierung downloaden. Zumindest plakativ wird hier dargestellt, wie die Generation Z tickt bzw. ticken möchte.
Sorgen wegen Coronavirus, Krieg in der Ukraine, Energiekrise und Inflation prägen die jungen Leute. Die ändern auch ihre Einstellungen und Werte Ich nenne einfach einmal einige Hauptaspekte aus der Broschüre zu den Young Talents, natürlich stark vereinfacht:
- Verhaltener Optimismus
- Zukunftssorgen beruflich und finanziell
- Sicherheitsbedürfnis
- Orientierungslosigkeit auf dem Karriereweg
- Diskrepanz Wunschfinanzierung und Realfinanzierung: 66 % durch Eltern
- Höhere Anforderungen an Arbeitgeber
- Führungsverantwortung und Mitspracherecht: Für 3/4 wichtig
- Homeoffice vs. Büro: Hybrides Arbeitsmodell von der Hälfte favorisiert!
- Diversität und Gleichberechtigung stehen nicht zur Disposition!
- Purpose-driven Generation: Hohe Ziele für die meisten!
- Bevorzugte Soft Skills der Gen Z:
- Teamfähigkeit
- Selbstmanagement
- Selbstreflexion
- Empathie
- Disziplin
- Stellensuche über soziale Netzwerke führt.
- Content mit Bildern und Texten erreicht die Young Talents.
- Gehalt ist Hauptkriterium bei der Stellensuche.
- Work-Life-Balance ist noch immer wichtig.
- Work-Life-Separation holt auf!
Ich muss zugeben, dass ich an diesem Abend viel gelernt habe. Purpose-driven war ich früher auch, ich hatte schließlich eine sinnvolle Tätigkeit. Mein Arbeitsplatz selbst war auch sinnstiftend. Ich hatte somit Glück. Mein Altersabstand zu diesen „Young Talents“ ist inzwischen allerdings sehr groß. Ich bin schließlich in der Phase nach dem Ende meiner Berufstätigkeit. Heute würde ich mir wünschen, dass das mit der „New Work“ in der Gesellschaft ankäme. Die Diskussion mit dem Bürgergeld ist ein Element davon.
Wir hatten auch die Gelegenheit, über soziologische Messinstrumente wie den 16PF-Test nach Catten zu diskutieren. Oder um Optimierungen im Personalmanagement, also den bestmöglichen Einsatz im Team. Ich finde das spannend. Natürlich geht es um die immerwährende Frage: „Wer bin ich?“
Wer unbedingt möchte, kann den Test auf der professionellen Website 16personalities.com kostenfrei in der Sprache der Wahl durchspielen. Ich wurde einem mir bisher unbekannten Persönlichkeitstyp zugeteilt. Teils merkwürdige Begriffe gibt es dort. Es lohnt sich dennoch, dorthin zu schauen. Es dient immerhin der Selbstreflexion.
Noch ungelöst erschien in der Diskussion das Genderproblem. Wie soll alles in obiger Broschüre richtig geschrieben werden? Was erscheint zuviel? Wie bringt man „divers“ unter? Was ist überhaupt damit gemeint? Ich fürchte, ich bin in der gegenwärtigen Diskussion recht blauäugig. Da werde ich mich schlaumachen müssen.
Bis dahin bin ich der Meinung, dass Gender-Merkmale besser in visuellen Analogskalen dargestellt werden sollten. Ich habe dazu idrlabs.com gefunden, da finden sich auch die 16 Persönlichkeitstypen von Catten und jede Menge weiterer Tests. Doch zurück zum Thema: Hier der 7-Identitätentest zur Gender-Beschreibung.