Wir sind schon lange Kriegspartei im Ukrainekrieg!
Seit 11 Monaten geht dieser offene Krieg Russlands gegen die Ukraine, wenn ich richtig rechne, sind bereits 332 Tage vergangen. Die Tagesschau meldet „Deutschland hat gerade versagt!“ So ist die Meinung von Frau Strack-Zimmermann. Denn Deutschland zögert mit der Panzerlieferung, genauer des Kampfpanzers Leopard 2 an die Ukraine. Der oberste Zauderer sei Kanzler Scholz. So meinen die Opposition und viele Medien. Natürlich mit Entrüstung (Wortspiel!), Enttäuschung und Empörung, wie das in der Zeit von Social Media so üblich ist.
Der Krieg hat unseren Alltag eigentlich im Griff. Ich denke an die Inflation vor allem durch gestiegene Energiekosten und Nahrungsmittelpreise. Wir fühlen uns irgendwie bedroht. Die Rhetorik des Kremls beabsichtigt genau das. Und es ist wahrscheinlich auch so, dass es Risiken für einen Krieg auch in Deutschland selbst wieder gibt. Darauf ist Deutschland nicht eingestellt. Die Demilitarisierung als Folge des Zweiten Weltkrieges wirkt bis heute fort, ich erinnere an das Potsdamer Abkommen von 1945 und die 2plus4-Konferenz von 1990.
Einen formalen Friedensvertrag hat es für uns Deutsche m. W. nie gegeben. Die letzten Schulden als Verpflichtungen aus dem Vertrag von Versailles wurden erst 2010 bedient. Polen fordert von Deutschland aktuell mehr als eine Billion € Reparationszahlungen. Wenn es hier auch mehr um innenpolitische Ziele geht, so kann man die Folgen des Zweiten Weltkrieges für Polen nicht völlig ignorieren. Andere Länder wie Griechenland könnten sicher auch nachvollziehbare Ansprüche geltend machen.
In der letzten Woche hat es die Verteidigungsministerin C. Lambrecht erwischt. Der Juristin – im Frieden mit bestimmten eher logistischen Ansprüchen angetreten – kamen als Folge des Krieges plötzlich konkrete Aufgaben zu, denen sie kaum gewachsen war. Wie sollte sie auch? Die Bundeswehr ist ein bürokratisches Monster mit vielen Verstrickungen, an der sämtliche VorgängerInnen gescheitert sind. Das Beschaffungswesen ist im hohen Maße ineffizient und intransparent. Medien und Opposition haben zur Jagd auf sie geblasen. Das ist angesichts der Kriegssituation leider kontraproduktiv.
Frau Lambrecht ist mit einem knappen Fünfzeiler zurückgetreten. Das haben ihr sämtliche Medien inklusive der Öffis schwer übelgenommen, dass sie sie sich nicht bei ihnen entschuldigt hat. Wofür denn eigentlich? Hätte sie den Medienvertretern die Füße küssen sollen? Oder sich medienwirksam ins Schwert stürzen sollen, wie einst Varus? Wat soll dä Quatsch?
Entlarvend fand ich obigen Screenshot. Es war nur ganz kurz auf der Tagesschau-Seite zu sehen, und ich habe ihn selbst machen können. „Gina Lollobrigida ist tot“, mit einem Bild von Frau Lambrecht. Verdammt, worum geht es hier eigentlich? Um Medienshow oder was? Im Blog des DJV (Deutschen Journalistenverbandes) hätte man zumindest ein paar nachdenkliche Worte statt lediglich einen frontalen DJV-Angriff auf Frau Lambrecht einstreuen können. Hat ein Herr Eschenhagen aber nicht. Auch nicht die saturierten Redakteure der Öffis in Nachrichten und Kommentaren.
Dann hat Olaf Scholz den Innenminister von Niedersachsen, Boris Pistorius aus dem Hut gezaubert. Ein mannhafter Nachfolger für die hochhackige, groß gelockte Frau Lambrecht. Ein richtiger Mann, und er hat gedient! Visuell erinnert er an Laschet, auch hat er einen kleinen Sprachfehler. Aber egal, die Medien haben ihn irgendwie akzeptiert. Bald werden sie ihn wohl an Lloyd Austin messen. Ein richtiger Militär ist unserer wieder nicht. Wäre das vielleicht die lautstarke Frau Strack-Zimmermann gewesen?
Ich erwarte, dass es mit Pistorius auch nichts werden wird. Er kann die verkrusteten und bürokratisierten Strukturen bestimmt nicht aufbrechen, da er nicht wirklich in die Bundeswehr hinein vernetzt ist. Ich postuliere, dass Deutschland keinen starken Verteidigungsminister haben möchte. Geschichtlich gesehen wäre das plausibel. Definitiv ändern könnte da nur ein Insider etwas, wie ein renommierter Generalinspekteur. Ich vermute, dass die antimilitaristische Grundhaltung Deutschlands dies verhindern wird. Denn ein starker Militär, etwa ein rechter General, auf diesem Posten wäre eine Bedrohung für die Demokratie. Oder etwa nicht?
Liebe Medien, das wird wohl nichts mit der militärischen Großmacht Deutschland! Lieber an die USA anlehnen!
Insofern wird die Entscheidungsfindung zur Lieferung von Kampfpanzern für die Ukraine noch etwas dauern. Aber sie kommt, jede Wette! Wir haben die Zeitenwende noch nicht hinter uns. Aber im Wohnzimmer ist es hier schön warm, anders als in der Ukraine. Auch gibt es hier keine Detonationen. Noch hat es hier keine kriegsbedingten Todesfälle gegeben.
Ich habe mir erstmal ein dünnes Buch „Der Krieg gegen die Ukraine“ von Gwendolyn Sasse schicken lassen. Das ist eine Osteuropaexpertin. Sie hat das studiert, ist auf die Ukraine spezialisiert. Das ist aber keine Bettlektüre. Ich merke, dass ich einfach wenig Ahnung von diesem Thema habe. Vielleicht verstehe ich danach besser, warum Deutschland mit der Panzerlieferung zögert.
Der Krieg ist zur wichtigsten Dauerunterhaltungssendung geworden, mit der Aufmerksamkeit für Kreuzfahrt- und Skiurlaubs Werbung generiert wird. Andere Optionen als Waffenlieferungen, z. B. wirksame Sanktionen gegen Russland, würden den wirklich Reichen weh tun.