Bücher der Schatzkammer erleben
Anlässlich unseres Winterurlaubs in Trier steht der Besuch in der Stadtbibliothek auf dem Programm. Wir wollen sie sehen, berühmte alte Bücher der Stadtbibliothek Trier selbst erleben. Äußerlich ist das Gebäude der Stadtbibliothek Trier unscheinbar, ein rotes Gebäude mit Magazin, Lesesaal und – der Schatzkammer. Nanu, so könnte man denken, warum eine Schatzkammer in einer Bibliothek? Wir gehen auf die Kasse zu. Eine ältere Dame erläutert uns den Ablauf, es gibt sogar einen Sonderpreis für Rentner! Wir nehmen jeder einen Audioguide mit. Dann geht es durch die Glastür und wir sind drin, in der Schatzkammer.
Hier herrscht gedämpftes Licht. Die Kostbarkeiten sollen schließlich nicht durch grelles Licht beschädigt werden. Sie seien echt, die alten Schinken. Keine Faksimiles, das ist erstaunlich! Deswegen befinden sie sich alle hinter dickem Sicherheitsglas. Die Präsentationen sind geschickt gestaltet, da störende Lichteffekte durch geschickte Ausrichtung und gezielte Beleuchtung praktisch nicht auftreten.
Hier ist ein Link zu einem virtuellen Rundgang in der Schatzkammer. Der ist multimedial gestaltet, mit Bildern, geschriebenen Texten und gesprochenen Erläuterungen wie im dortigen Audioguide. Hier sind einige Finanzmittel der Stadt Trier und der EU versenkt worden. Aber es hat sich gelohnt. Die nachfolgenden Angaben stammen daraus oder aus Wikipedia. Günstigerweise beginnt man links neben der Eingangstür mit dem Ausstellungsstück mit der Nummer 01.
Nr. 01: Quodvultdeus: Liber de promissionibus et praedicatoribus Dei (Hs 36 8°)
Ältestes „Buch“ der Stadt Trier. Der Kodex enthält Zeugnisse zu den Verheißungen Gottes, zusammengestellt um 445/450 vom karthagischen Bischof Quodvultdeus (gest. 454). Entstehung: Norditalien, 719. Herkunft: Abtei St. Eucharius/Matthias in Trier
Gehen wir weiter. Mehr zufällig habe ich nachfolgende folgende Handschrift ausgewählt. Ich finde es eindrucksvoll zu verstehen, was alles über so ein altes Buch bekannt ist. Wikipedia ist dabei sehr hilfreich, aber auch die freie Internetsuche
Nr. 29: Homiliar des Paulus Diaconus aus Springiersbach (Hs 261/1140 2°)
Ein Homiliar enthält die Lesungen der Evangelien in predigtartiger Auslegung. Die prachtvolle Initiale Q zeigt den auferstandenen Christus. Ihm zu Füßen erscheint Engilbertus, der Maler und Schreiber der Handschrift. Entstehung: Mittelrhein (?), frühes 12. Jahrhundert. Herkunft: Stift Springiersbach
Zunächst finden sich unter folgendem Link zahlreiche weitere Angaben. Es beschreibt das Objekt der Restaurierung. Paulus Diaconus war ein hochgebildeter langobardischer Geschichtsschreiber und Mönch. Er lebt von etwa 730 bis 799, hat eine große Anzahl von Büchern verfasst. Karl der Große kannte unseren Paulus Diaconus, der einige Jahre an seinem Hof lehrte und arbeitete. Dort hat er vermutlich auch unser Homiliar verfasst. Hier der Link zu Paulus Diaconus bei Wikipedia. Ich finde den Text spannend. Er gewährt Einblicke in die alte Zeit. Unser Ausstellungsstück ist das Bindeglied! Hier gibt es weitere Informationen zum Kloster Springiersbach nahe Wittlich.
Gehen wir weiter zu dem dritten beispielhaften Exponat, dem Codex Egberti. Der Evangelistar wurde zwischen 980 und 993 im Skriptorium des Klosters Reichenau für den Erzbischof von Trier, Egbert, 977 bis 993, erstellt, der es der heutigen Pfarrei St. Paulin vermachte. Es ist der älteste erhaltene Bildzyklus aus dem Leben Christi. Bis in das 18. Jh. wurde das Buch im Gottesdienst verwandt. Seit 1810 ist es im Besitz der Stadtbibliothek, vermutlich auch die Säkularisierung der Klöster unter Napoleon.
Nr. 21: Codex Egberti, eine der berühmtesten Handschriften des Mittelalters.
Der Codex Egberti ist nach dem Trierer Erzbischof Egbert (977/993) benannt. Er enthält die in der Messe zu lesenden Abschnitte der Evangelien, angeordnet nach dem Kirchenjahr. Beigefügt ist eine Folge von 56 Miniaturen bzw. 61 Szenen zum Leben Jesu. Der Kodex repräsentiert den ältesten und umfangreichsten Bildzyklus zum Leben Jesu in einem Buch. Einige Miniaturen stammen vom „Meister des Registrums Gregorii“, dem großen Malgernie des 10. Jahrhunderts. Der Codex Egberti ist eine der berühmtesten Handschriften des Mittelalters. Seit 2004 gehört er dem Weltdokumentenerbe der UNESCO an. Entstehung: Trier / Insel Reichenau, um 980. Herkunft: Stift St. Paulin
Was lernen wir aus solchen alten Dokumenten? Dass wir Fans der katholischen Kirche werden sollten? Dass wir sämtliche Fehltritte in der Historie der christlichen Kirchen angesichts dieser ohne Zweifel super erhaltenen und teilweise schönen Dokumente vergessen sollten?
Ich denke nicht.
Aber schon der optische Eindruck und die Kenntnis weniger Details um die alten Sachen lehrt, dass es damals schon kluge Leute und Künstler ihres Faches gab. Ich denke, wir können den Respekt davor lernen. Wir Heutigen meinen schon mal, dass wir den Stein der Weisen gefunden hätten. Und den Alten total überlegen seien. Aber das macht nur unser zeitlicher Abstand. Und unsere Technisierung. Angesichts der gegenwärtigen Weltlage ist m. E. aber kein Platz für Überheblichkeit.
Erleben wir sie – alte Bücher der Schatzkammer der Stadtbibliothek Trier, um einen Eindruck von der alten Geschichte zu bekommen! Vielleicht spürt ja ein Leser den Respekt davor, so wie ich. Was wird man von uns nach 1200 Jahren sagen?