Lieber H., herzlichen Dank für Deine Mail. Deinen Hinweis auf den Erdüberlastungstag am 2.8.2023 greife ich gerne auf. Er ist ja der große Bruder des persönlichen ökologischen Fußabdruckes. Bisher habe ich mich gescheut, darüber zu schreiben. Ich bin etwas ratlos, wie man seine lieben Mitmenschen auf dem Weg zum Verständnis der Problematik mitnehmen kann. Offensichtlich fühlen sich viele Bürger bedroht, wenn sie mit diesen Gedanken, dass der unbegrenzte Ressourcenverbrauch zu Ende gehen könnte, konfrontiert werden.
Der Höhenflug der A-Partei in der Sonntagsfrage und die populistische Anbiederung nach rechts außen durch Merz und Aiwanger sprechen eine klare Sprache. Der Spitzenkandidat der A-Partei für die Europawahl äußert Verschwörungsideen, findet gar Putin gut. Ich sehe eine Verschiebung in der politischen Landschaft in Europa, die zunehmend den Verhältnissen in den USA ähnelt, die uns Deutsche (die Alten zumindest) leider an die unsägliche Zeit vor der Machtübernahme durch die NSDAP erinnert.
Wenn ich mich an die schräge Diskussion um das Heizungsgesetz erinnere, dann bin ich derzeit lieber etwas vorsichtig. Lieber nicht noch mehr Öl in das Feuer gießen. Der Deutsche ist derzeit offensichtlich durch die vielen Krisen überfordert. Er giert förmlich nach der starken Hand, nach dem Führer, der es schon richtet. Der ihm suggeriert, die Krisen gäbe es gar nicht, oder er wisse schon, was zu tun sei. Die, die Probleme benennen, seien schuld an den Problemen. Feindbilder hat die A-Partei wie die NSDAP im Dritten Reich.
Habeck hat sich hier anscheinend in der Belastbarkeit seiner lieben Mitbürger verschätzt. Wenn es kritisch wird, geht es doch immer zunächst um die eigenen Belange. Den Bürgern nach Corona und bei fortbestehendem Krieg samt Energiekrise noch mehr abzuverlangen, hat anscheinend nicht funktioniert. Jedenfalls nicht bei gut einem Viertel der Bevölkerung. Ich möchte hinzufügen, dass man für ein ökologisch gutes Gewissen schon mal einige Finanzmittel haben muss, um die Neuerungen umzusetzen. Für Normalverbraucher ist das nicht ohne weiteres machbar.
Ich schreibe das unabhängig von den unbestreitbaren Fakten um die Klimakrise, die Erdüberlastung und den ökologischen Fußabdruck. Wir befinden uns leider in einer Situation, in der der gesellschaftliche Konsens in Deutschland auf dem Spiel steht. Und dazu noch diese ganzen Falschnachrichten und der Hass, der gesät wird. Dieses Jahr soll es in Deutschland bereits mehr als 80 Übergriffe auf Wohnungen von Migranten gegeben haben. Antisemitische Sprüche und verbales Jonglieren mit der Holocaustleugnung sind in Mode.
Sorgen mache ich mir schon darüber, wohin sich das Ganze bewegt. Aber überall auf der Welt gibt es derzeit solche Tendenzen hin zu antidemokratischen Strukturen. Dass sich derzeit DAX und amerikanische Börsenindizes aktuell weit oben befinden, kommt mir vor wie ein Hohn. Zu der Wahrnehmung von uns Bürgern passt das nicht. Inflation und so weiter. Die Finanzwelt scheint an den Krisen gut zu verdienen. Lässt etwa der Höhenflug der A-Partei den DAX steigen? Ein schlimmer Verdacht ergibt sich da!
Insofern, so finde ich, sind Erdüberlastung und Klimakrise natürlich wesentliche Aspekte unserer Zeit. Es gibt aber noch weitere, und die sind eher direkt politischer Natur. Gegenwärtig bin ich in dieser Hinsicht leicht pessimistisch gestimmt. Aber wer weiß, was noch so kommt. Vielleicht geht ja alles gut aus, und wir sind nur in einer kritischen Zwischenphase. Diese hat es in unserer Jugend auch mehrfach gegeben.
In meinem privaten Bereich versuche ich, den Ressourcenverbrauch einzudämmen. Soweit ich es kann. Keine Verschwendung bei Ernährung und Kleidung, Heizung runter, keine Fernurlaube. Urlaube in Verbindung mit Verwandtenbesuchen. In eine unbeheizte Hütte am Waldrand zu ziehen, ohne Wasser, Strom, als Selbstversorger, das erscheint mir aber keine Lösung zu sein.
Aber unsere Bekannten machen Urlaube wie immer. Ich empfinde manchmal Rechtfertigungsdruck, wenn wir uns nicht konform verhalten, d. h. über keine Fernurlaube berichten können. Gut, wir nehmen unser Hobby Tanzen intensiv wahr. Wir haben Familienkontakte und Kontakte zu Freunden. Außerdem zwei Immobilien zum Bewohnen.
Ich schreibe diesen Blog, wenn ich mich frei genug dazu fühle. Schöne Fotos poste ich seit 10 Monaten bei Mastodon, dem hassfreien Microbloggingdienst ohne Werbung. Der ist eine Alternative zu Twitter oder Facebook. Du hast den Button zu dem Feed auf meiner Website gesehen. Ich finde es ganz nett, wenn man hier Menschen trifft, die ähnlich ticken, politisch, gesellschaftlich und auf die Natur bezogen.
Herzliche Grüße …
Der Erdüberlastungstag am 2.8.2023 erinnert uns an die Begrenztheit der Ressourcen auf „unserer“ Erde. Diese Erkenntnis steht allerdings in Konkurrenz zu den zahlreichen Krisen der Gegenwart. Eine Ideallösung für viele Fragen und Kontroversen habe ich nicht. Die A-Partei bietet sie bestimmt nicht.
