In meinem Blog habe ich mehrfach über meine eigene Musikimprovisation geschrieben. Es geht mir hier nicht um die perfekte Improvisation wie bei Profi-Musikern. Begabte Jazz-Musiker können beispielsweise anhand der spärlichen Notation eines „Real-Books“ Jazz-Standards gemeinsam spielen und nach genauen Regeln durch Improvisation abwandeln. Das ist aber schon ziemlich anspruchsvoll. Meist erfordert das viele Jahre der Ausbildung bzw. der intensiven Beschäftigung damit. Und, bitte nicht vergessen, es gehört eine gehörige Portion von Begabung dazu.
Vor ein paar Tagen haben wir uns in Bonn mit Ludwig van Beethoven beschäftigt. Dort gab es anlässlich des Ärztekongresses einen Vortrag des örtlichen Leberspezialisten Prof. Dr. Strassburg über die mutmaßlichen Krankheiten des Genies. Dazu spielte das Kammerquartett des Beethoven-Orchesters nach Ansicht des Mediziners passende Sätze des Kammerkonzertes Opus 130. Ob sich in denen die schweren Erkrankungen musikalisch widerspiegelten, das sei dahingestellt. Auf jeden Fall war selbst für Laien zu erkennen, welche große Begabung der Meister hatte, der bereits im Alter von 8 Jahren Konzerte spielte.
Was macht jemand wie ich, der diese Begabung nicht hat? Darüber habe ich schon einmal geschrieben. Nur passiv solche ausgefeilte Musik hören, sich dann als sachverständig geben, den großen Musikkenner spielen? Eine Respekt gebietende Musiksammlung zu besitzen, ist in der Zeit der Streamingdienste nichts Besonderes. Es sei denn, es handelt sich um besondere Vinylplatten, gerne auch historische Ausgaben. Aber macht Musikbesitz jemand zum Experten? Ich denke nicht. Die große Fuge live zu erläutern, die Melodielinien und Abschnitte nach dem Gehör zu erkennen, wer das kann, der dürfte als Experte gelten dürfen.
Mir geht es aber um etwas anderes. Was macht Musikimprovisation eigentlich mit mir selbst? Was soll sie ausdrücken? Ich denke, sie ruft Emotionen in uns hervor und drückt sie aus, weckt Erinnerungen, erzeugt Stimmungen, regt an oder beruhigt. Wer Musik selbst performt, gibt darin etwas von sich selbst preis. Es gibt Tage, an denen das gut funktioniert. An manchen Tagen ist die Stimmung dafür nicht da. Ein Wortspiel.
Das gilt ähnlich auch für die Malerei, für das Fotografieren, das Basteln, das Stricken, letztlich für die meisten Hobbys. Sogar Interesse für die Natur, den Garten oder Sportaktivitäten wie Tanzen würde ich so sehen. Alles, was expressiv ist und nicht direkt dem Broterwerb dient, könnte man als Improvisation bezeichnen.
Wie perfekt sollen solche Improvisationen eigentlich sein? Ich meine, dass es zumindest zunächst nicht um Perfektionismus oder gar Professionalität geht. Der Zufall ist hier wohl ein wichtiges Gestaltungsinstrument. Ich habe mich mit den über 2000 Yamaha-Music-Styles und einer Begleitsoftware selbst unter Druck gesetzt. Als ob es für mich darum ginge, damit einen professionellen Soundtrack abzuliefern. Ein paar Ideen, dann ein paar Mausklicks und schon ist ein vorzeigbarer Titel fertig. Kann das sein? Natürlich nicht. Heutige Musikproduktion und Improvisation haben bestimmt nicht viel miteinander zu tun. Bei Mainstream-Music wird nichts dem Zufall überlassen.
Für mich habe ich den Schluss gezogen, gerne zu ruhigen und einfachen und rhythmischen Vorlagen frei zu performen. Am liebsten höre ich die selbst gespielte Musik über Kopfhörer. Ich spiele manchmal langsam, die rechte Hand performt aber auch schnelle Läufe. Dabei habe ich für mich selbst bereits bestimmte Licks entwickelt, also harmonische Grundelemente. Vielleicht schreite ich damit weiter fort bis zu etwas längeren Riffs. Ob ich die später in Noten niederschreibe, das werde ich sehen. Meine Musikimprovisation spiele ich für mich selbst. Dazu verwende ich meist Linux Audio und OneManBand.
So gesehen ist es nun meine eigene Musik.