„Der große Umbruch“, er kommt, aber wie?
Nun hat Klaus Schwab, Initiator des Weltwirtschaftsforums in Davos, Professor und Inhaber von mehreren Firmen, ein Buch zum Thema geschrieben. Er hat es geschafft, der Elite der Weltwirtschaft ein Forum zu geben, in das sich selbst große Unternehmen für viel Geld einkaufen. Eine Art System Schwab hat der schwäbelnde Schwabe aus Ravensburg da geschaffen. Dafür hat er viele Auszeichnungen erhalten, gleich mehrfach das Bundesverdienstkreuz in verschiedenen Abstufungen.
Es ist klar, wer soviel Prominenz und Geldmacht um sich scharen kann, hat notgedrungen auch Feinde. Diese sind auf der linken oder rechten Seite positioniert, und sehen die hier verkündeten Weisheiten als Feigenblatt des globalen Kapitalismus an. Dafür spricht vieles, auch die Logik. Dass sich Weltkonzerne, Populisten und Autokraten einer Art Weltgewissen unterwerfen sollten, das wäre in der Tat zu schön, um wahr zu sein. An ihren Taten sollt ihr sie also erkennen!
Nun hat der ältere Herr bereits im Juni 2020 ein Buch zu obigem Thema geschrieben beziehungsweise recherchieren und schreiben lassen. Anfang September 20 ist leider zunächst nur bei Amazon (schon schlecht) die deutsche Übersetzung als E-Book für 4,99 € erschienen. Sofort geladen. Man kann ja mal hineinschauen.
Es hat zu diesem Buch bereits mehrere Interviews gegeben. Fasst man zusammen, was man liest – von ihm selbst bzw. seinem Team oder als Rezension – zusammen, so würde ich festhalten wollen, dass Herr Schwab mit diesem Büchlein seinen Optimismus verbreitet, dass die Pandemie dem Stakeholder-Kapitalismus zum Durchbruch verhelfen möge. Genauso wie dem Kampf gegen die Klima-Katastrophe, gegen Armut und Hunger, gegen die Umweltverschmutzung. Auch das Wort Nachhaltigkeit wird für den zukünftigen Umgang mit Ressourcen bemüht. Alles sehr schön. Wer es glaubt.
Es wird also die schöne neue Welt eines abgemilderten Kapitalismus bemüht, der durch starke Regierungen gezügelt werden soll. Er beschwört sogar die trendige minimalistische Lebensweise à la Marie Kondo als heilbringend. Das ist mir nun doch etwas zu viel. Herr Schwab, wie leben sie denn selbst?
Wie interpretiert man nun die Schwab’schen Thesen? Verbreitet er wirklich nur Volksverdummung, ist er eine Galionsfigur des Finanzkapitalismus?
Oder hat er tatsächlich eine humane Version des Kapitalismus vor Augen, und versucht, eine Art Vermächtnis ins Volk, besser gesagt in die Elite zu streuen. Das wäre schön.
Ob sich durch Coronavirus alles zum Besseren wendet, eine Art globales Gewissen geweckt wird, mag ich kaum glauben. Denn die Verlierer bisher sind allemal die Schwachen, die Armen, die Minderheiten, die in prekären Beschäftigungsverhältnissen, auch die Ausgebeuteten der Gig-Economy.
Dass viele Umbrüche kommen werden, mag angesichts der zweiten Welle im Oktober in Deutschland niemand bezweifeln. Steckt im Kapitalismus soviel Ethik oder konkrete Moral, die den Optimismus unseres Autors stützen könnten? Eher nein, es ist mehr gefragt, als weiterer Tanz um unser goldenes Kalb.