Vor ein paar Wochen in einem langen Telefonat mit meiner Schwester kamen wir auf die Klimakrise als Folge der Erderwärmung zu sprechen. Das war um die Zeit der sogenannten Bauernproteste wegen der Dieselbesteuerung, zumindest vorgeblich. Ich erzählte ihr über meine Blogbeiträge zum Thema Global Warming, und dass ich die Daten und Artikel überzeugend finde. Die Erwärmung der Erdatmosphäre seit dem Beginn der industriellen Revolution beträgt um 1,5 Grad °C. Das kann man sehr sicher sagen: Kohle verbrennen liefert Hitze, der nachfolgende Klimaeffekt, also der Treibhausgaseffekt, ist hundertfach größer.
Meine Schwester wollte es aber genau wissen. Wird bei den Modellberechnungen eigentlich der direkte thermische Effekt der Verbrennung beachtet? Wie groß ist dieser eigentlich in Relation zum Treibhausgaseffekt? Das war ihre Frage, sie benutzte auch noch das Wort Entropie in diesem Zusammenhang. Ich musste da zunächst einmal passen, weil mir exakte Daten dazu fehlten. Die meisten informativen Webseiten zur Klimakrise gehen bei diesem Aspekt nicht ausreichend in die Tiefe.
Bei zahlreichen Websuchen habe ich schließlich zwei sehr konkrete wissenschaftliche Artikel (siehe unten) dazu gefunden. Beide gehen selbstverständlich von Modellrechnungen aus, die aber offengelegt werden. Beide bieten eingängige Grafiken. Aufgrund dieser beiden Artikel kann man sagen, dass bereits nach vielleicht 2 bis 4 Monaten der indirekte Effekt, also der Treibhausgaseffekt, die ursprünglich bei der Verbrennung freigesetzte Wärme übersteigt. Als Beispiel werden Kraftwerke angeführt.
Die Relationen sehen noch ungünstiger aus, wenn man die Bilanz der fossilen Energieträger vervollständigt, also auch die Gewinnung, die Staubbelastung, den Transport und die Verluste mitberücksichtigt. Bei den Langzeiteffekten spielt der Verbleib in der Atmosphäre je nach Treibhausgas eine entscheidende Rolle. Methan (CH4) hat dabei noch die kürzeste Verweilzeit.
Um die Frage meiner Schwester konkret zu beantworten, zitiere ich hier die Aussage von Zang und Caldeira aus deren Zusammenfassung: Considered globally, direct thermal forcing from fossil fuel combustion is about 1.71% the radiative forcing from CO2 that has accumulated in the atmosphere from past fossil fuel combustion.
Anders ausgedrückt beträgt die Wärme der Treibhausgaseffekte das 58,5-fache der ursprünglich durch den Menschen freigesetzen Verbrennungswärme, und das in kumulierter, historischer Sicht. Bei der Anwendung auf lange Zeiträume kommen diese Autoren sogar auf einen Faktor von 100.000. Das liegt dann außerhalb unserer Vorstellungskraft und der persönlichen Relevanz, wie meine Schwester kritisch anmerkte. Zeiträume von 100 oder 200 Jahren können wir uns noch geradeso vorstellen. Kohle verbrennen liefert Hitze, der Klimaeffekt ist aber auf längere Sicht bald über hundertfach größer. Das ist die Message.
Roger Sathre (2014)
Comparing the heat of combustion of fossil fuels to the heat accumulated by their lifecycle greenhouse gases
Fuel
Volume 115, 2014, Pages 674-677, ISSN 0016-2361
https://doi.org/10.1016/j.fuel.2013.07.069
(https://www.sciencedirect.com/science/article/pii/S0016236113006686)
Abstract: We compare the heat released directly due to combustion of fossil fuels to the heat accumulated indirectly in the earth system due to the effect of greenhouse gases (GHGs) associated with the fuels. We differentiate between GHG emissions from the combustion products of fossil fuels and from the fuel cycle activities of extracting, processing, and transporting the fuels. We find that the direct release of heat from the combustion of fossil fuels is minor in relation to the indirect accumulation of heat due to radiative forcing. The quantity of indirect heat accumulated by GHGs continues to increase over time, as additional energy is accumulated in the earth system as long as the GHGs remain in the atmosphere. Fuel cycle emissions contribute significantly to total lifecycle GHG emissions and radiative forcing.
Keywords: Greenhouse gases; Cumulative radiative forcing; Fossil fuels; Higher heating value; Fuel cycle
Zhang, X., and K. Caldeira (2015)
Time scales and ratios of climate forcing due to thermal versus carbon dioxide emissions from fossil fuels
Geophys. Res. Lett., 42, 2015, 4548–4555
https://doi.org/10.1002/2015GL063514
Abstract: The Earth warms both when fossil fuel carbon is oxidized to carbon dioxide and when greenhouse effect of carbon dioxide inhibits longwave radiation from escaping to space. Various important time scales and ratios comparing these two climate forcings have not previously been quantified. For example, the global and time-integrated radiative forcing from burning a fossil fuel exceeds the heat released upon combustion within 2 months. Over the long lifetime of CO2 in the atmosphere, the cumulative CO2-radiative forcing exceeds the amount of energy released upon combustion by a factor >100,000. For a new power plant, the radiative forcing from the accumulation of released CO2 exceeds the direct thermal emissions in less than half a year. Furthermore, we show that the energy released from the combustion of fossil fuels is now about 1.71% of the radiative forcing from CO2 that has accumulated in the atmosphere as a consequence of historical fossil fuel combustion.