Die Ferienzeit liegt vor uns. Unsere Tanzaktivitäten werden bald vorübergehend weniger. Da wir im Ruhestand sind, haben wir häufig Zeit, manchmal sogar viel Zeit. Und nun auch noch das hier in der taz: Reisen ist überbewertet. Da kriegt man beinahe ein schlechtes Gewissen. Einfach nur im bequemen Zuhause sein, mal etwas machen, mal nicht. Und dann einfach die Zeit verrinnen lassen, sinnieren oder auch nicht. Zu Hause bleiben, statt reisen. Urlaub, ohne zu reisen.
Loriot hat das vor vielen Jahren schon auf den Punkt gebracht: „Herrmann, so tu doch etwas!“ „Ich will aber nichts tun, einfach nur dasitzen.“ Stehen wir nicht alle irgendwie unter gesellschaftlichem Druck, etwas tun zu müssen, etwas Vorzeigbares abliefern zu müssen. Warum eigentlich ist der schlecht, der nichts tut? Gemeint ist, dass er nicht direkt dem Broterwerb nachgeht, oder Reichtümer anhäuft. Wo doch das Nichtstun immer schon ein Privileg der Reichen war! Ich finde das paradox.
Im Artikel in der taz wird provokativ geschrieben, dass uns das Reisen nicht weiterbringt. Wir kehren unverändert zum Ausgangspunkt zurück. Kontakte des Urlaubs haben meist keinen langen Bestand. Touristische Highlights sind auch nicht besser, da man sie schnell vergisst. Wirklich etwas Neues hinzulernen, da müsste man schon an den Sehnsuchtsort umziehen. Und wären bestimmt schnell enttäuscht.
Klar, so ein Pauschalurlaub ist irgendwie total bequem. Sobald ich das Auto teuer eingeparkt habe, die Check-in-Prozedur vorbei ist, und ich am Gate sitze, kann ich das Gehirn auf neutral schalten. Die nächste Woche kann ich dann bequem regredieren. Für alles ist ja gesorgt. Um das zu dürfen, also Nichtstun, muss ich je nachdem viel Geld ausgeben. Dann habe ich aber ein gutes Gewissen dabei. Es ist ja schließlich Urlaub. Und wenn diese Zeit des gehobenen Nichtstuns vorbei ist, geht alles weiter wie vorher. Man hätte es auch lassen können. Wirklich.
Dabei kennen wir kaum die Schönheiten des eigenen Wohnortes und seiner Umgebung. Auch nicht die jeweilige Geschichte. Von den Nachbarn wissen wir wenig. Die Vorzüge der eigenen vier Wände vergisst man schon einmal. Wie perfekt hier alles ist und bequem, wie ruhig, gut geheizt, Musik, Lesestoff, die IT funktioniert, der Kühlschrank gefüllt, der TV funktioniert. Wie sagt schon Janosch: „Jeder lebte schon immer im Paradies, hat es nur nicht gewusst.“
Und weiter geht es mit: „Oh, wie schön ist Panama!“ Die schöne Geschichte, bei der die Helden Tiger und Bär zuletzt wieder zu Hause ankommen, und es für das Ziel ihrer Träume halten, Panama. Reisen als Suche nach etwas, was jeder schon selbst hat. Zu Hause bleiben, statt reisen. „Wenn man einen Freund hat, … braucht man sich vor nichts zu fürchten.“
Jetzt fehlt nur noch der berühmte Kabarettist und Sprachkünstler Gerhard Polt. Ein Interview mit ihm steht im SZ-Magazin 2011: „Ich sinnlose vor mich hin… und das mit Begeisterung!“ Darüber schreibe ich ein anderes Mal. Über Langeweile und ob die schlimm ist. Reisen scheint mir eine Methode zu sein, wie man versuchen kann, ihr zu entgehen. Nur keine Ruhe aufkommen lassen, immer auf der Flucht sein! Warum eigentlich?
Noch ein Aspekt: Overtourism, Umweltbelastung, CO₂-Fußabdruck und Ökologie. Wer weniger reist, belastet seine Umwelt weniger. Daran gibt es keinen Zweifel. Wir sind zuletzt 2019 geflogen. Vielleicht zum zehnten Mal auf die Kanaren. Ich schäme mich fast etwas, wenn ich sage, dass wir weniger reisen. Unser privates Umweltkonzept. Im Trend ist das gegenwärtig nicht.